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Nepenthes bicalcarata
Verbreitung: Borneo
Nepenthes L. (1840) - Kannenpflanze
 
Die Gattung Nepenthes, die zur Familie der Kannenstrauchgewächse (Nepenthaceae) gehört, umfasst etwa 100 Arten sowie zahlreiche Natur- und Kulturhybriden. Zu den nächsten Verwandten zählen die Hakenblattgewächse (Dioncophyllaceae) sowie die Sonnentaugewächse (Droseraceae).
 
 
ALLGEMEINES
Beschrieben wurde die Gattung von Carl von Linné anhand von N. distillatoria, der bis dahin einzig bekannten Art. Der Name Nepenthes entstammt dem Griechischen und bedeutet 'Kummer lindernd', 'ohne Schmerzen', was sich auf die kannen- eigene Flüssigkeit bezieht, die nach HOMER betäubende Wirkung haben soll.
 
 
VERBREITUNG
Die Verbreitung der Gattung erstreckt sich über den gesamten ostasiatischen Raum. Die meisten Arten stammen aus Borneo (etwa 30 Arten) und Sumatra (über 20 Arten). Jeweils ca. 10 Arten kommen in Peninsular Malaysia, auf den Philippinen, New Guinea und Sulawesi vor. Jeweils 1 - 5 Arten findet man in Indochina, Australien, Neukaledonien, Sri Lanka, Indien, den Seychellen und Madagaskar.
Nepenthes besiedeln vorwiegend saure, nährstoffarme Sand- oder Waldböden, moosbewachsene Bäume, Wiesen oder sumpfige Gebiete. Die Pflanzen kommen in immerfeuchten tropischen Gebieten in unterschiedlichen Höhenlagen vom Meeres- spiegel bis hin zu 3500 m Höhe (
N. villosa, N. lamii) vor.
Fast alle Arten bevorzugen zumeist helle Standorte und wachsen daher oft nur in lichten Wäldern, an Waldrändern oder auf Bergkämmen.
N. ampullaria, N. macfarlanei und N. mirabilis findet man jedoch auch an schattigen Standorten.
N. pervillei und N. madagascariensis zählen zu den wenigen Arten, die an offenen Standorten mit zeitweise sehr geringerer Luftfeuchtigkeit wachsen.
 
 
KLIMA
Man unterscheidet zwischen Hochlandarten, die Höhenlagen von mehr als 1200 m über dem Meerespiegel besiedeln, und Tieflandarten, die unterhalb von 1200 m vorkommen. Starke Temperaturschwankungen und heftige Regenfälle sind die charakteristischen Merkmale für das rauhe Höhenklima, in dem sich die meisten Arten dieser Gattung ansiedeln. Warme Tage und deutlich kühlere Nächte, in den höheren Lagen teilweise bis an den Gefrierpunkt, zeichnen dieses Klima aus.
Im tropischen Tieflandklima herrschen durchgehend warme Temperaturen bei einer konstant hohen Luftfeuchtigkeit.
 
Eine Artenübersicht mit den entsprechenden Höhenlagen findet sich in der
Nepenthes Tabelle.
 
 
MERKMALE
Nepenthes sind ausdauernde Pflanzen, die sowohl terrestrisch als auch epiphytisch wachsen. Einige Arten siedeln sich auf bemoosten Bäumen  in bis zu 10 Metern Höhe ohne jeglichen Bodenkontakt an.
Kannenpflanzen formen zunächst eine flach am Boden liegende Blattrosette mit einem kurzen Spross. Einige wachsen dauerhaft als strauchige Pflanzen, die meisten entwickeln jedoch nach einiger Zeit einen Hochtrieb und beginnen an Bäumen oder Büschen empor zu klettern.
N. rajah und N. villosa gehören zu den Bodendeckern, während z. B. N. maxima zu den Rankgewächsen zählt und mehrere Meter in die Höhe wachsen kann. Strauchig wachsende Arten wie z.B.
N. pervillei und N. campanulata bilden einen kriechenden Spross, der sich in regelmäßigen Abständen verzweigt.
Alle Nepenthes bilden an ihren Blattenden unterschiedlich lange Ranken, an dessen Ende sich Kannen in unterschiedlichen Formen und Farben ausformen.
N. argentii bildet mit einer Größe von nur wenigen Zentimetern die wohl kleinsten Kannen der Gattung, wobei ausgewachsene Kannen von N. rajah bis zu vier Liter Fassungsvermögen aufweisen können.
Dabei gibt es bei den meisten Arten deutliche Unterschiede zwischen den Boden- und den Hochkannen, deren Form zum Teil so stark voneinander abweicht, dass man sie für Kannen verschiedener Arten halten könnte. Die Ranken wachsen so lang, bis sie an einer Stelle anstoßen, um sich festzuhalten und somit der Pflanze den nötigen Halt zu geben, oder die Kanne auf den Boden niederzulassen.
N. sibuyanensis und N. argentii bilden sehr lange Ranken aus, um die Kannen an eine vor Witterungseinflüssen geschützte Stelle zu positionieren.
Die krugförmigen Kannen besitzen einen Deckel, der je nach Art und Funktion der Kanne unterschiedlich groß sein kann und in einem entsprechenden Winkel zur Kannenöffnung absteht, jedoch dauerhaft geöffnet bleibt. Bei den meisten Arten dient der Deckel lediglich als Schutz vor Regen, damit das Kanneninnere nicht zu stark mit Wasser verdünnt wird. Andere Arten wiederum sammeln regelrecht das Regenwasser oder andere Substanzen.
N. ampullaria besitzt einen sehr schmalen, senkrecht nach oben stehenden Deckel, so dass allerlei Naturabfall in die Kannen gelangen kann, der von der Pflanze zersetzt und als Nährstoff aufgenommen wird. N. lowii verwertet sogar den Kot von Vögeln, die durch eine weißliche Substanz an der Innenseite des übergroßen Deckels angelockt werden. Während die Tiere diese Art Nektar absammeln, lassen sie ihren Kot in die Kannen fallen.
Der Kannenrand (Peristom) ist je nach Art mehr oder weniger auffällig. Meist ist er bei den unteren Kannen deutlicher ausgeprägt als bei den Hochkannen. Bei den oberen Kannen von
N. inermis fehlt der Rand sogar gänzlich.
Einige Arten wie  oder
N. hamata und N. villosa besitzen ein stark gezahntes Peristom, das besonders bei den Hochkannen sehr gut entwickelt ist.
 
 
FANGMECHANISMUS
Die Fallen von Nepenthes sind passive Gleitfallen. Durch Form, Farbe und Geruch der Kannen werden die Beutetiere angelockt. Das Peristom, der Deckel sowie die Flügelleisten sind mit zahlreichen Nektardrüsen versehen. Der süßliche Duft der Drüsen lockt Insekten in die Nähe der Kannenöffnung. Beim Versuch von dem Nektar am Peristom zu kosten, können die Tiere leicht abrutschen und ins Kanneninnere fallen. Die glatte Innenseite der Falle verhindert, dass die Beute entkommen kann. Durch die Bewegung des Opfers wird die Funktion der an der Innenwand befindlichen Drüsen angeregt. Die kanneneigene Verdauungsflüssigkeit wird dadurch dickflüssig, so dass die Beute benetzt wird, untergeht und schließlich ertrinkt. Bei dem nun einsetzenden Verdauungsvorgang werden die Weichteile zersetzt und von der Pflanze aufgenommen. Zu den Beutetieren gehören neben Insekten auch manchmal etwas größere Säuger, die beim Versuch, die Kannen auszurauben, selbst zum Opfer werden.
 
 
BLÜTE
Die Blütenstände von Nepenthes sind rispenförmig und können bei einigen Arten bis zu 1 m Länge erreichen. Sie entstehen meist aus dem Hochtrieb der Pflanze.
Die zahlreichen Einzelblüten besitzen meist vier Blütenblätter, die mit Nektardrüsen versehen sind.
Es existieren weibliche und männliche Blüten, die sich auf verschiedenen Pflanzen entwickeln, wobei die weiblichen lediglich einen Anteil von 30% ausmachen. Daher gestaltet sich die Bestäubung als nicht ganz so einfach.
Ist der Bestäubungsvorgang jedoch erfolgreich, wirft die Pflanze unzählige Samen ab, bis zu 10.000 Stück bei N. gracilis.

 
 
KULTUR
Aufgrund der unterschiedlichen Herkunftsgebiete sind die Anforderungen der einzelnen Arten teilweise sehr verschieden. Man kann jedoch einige grundlegende Merkmale zusammenfassen, so dass sich, die Einhaltung dieser Merkmale vorausgesetzt, die erfolgreiche Kultur von Nepenthes als nicht ganz so schwierig herausstellt.
Grundsätzlich gilt dabei die Unterscheidung der Arten gemäß ihres Vorkommens in den unterschiedlichen Höhenlagen zwischen Hochland-, Tiefland- und intermediären Arten.
Hochland-Nepenthes benötigen mäßig warme Tage bei Temperaturen um 25 °C sowie deutlich kühlere Nachttemperaturen von 12 - 15 °C. Die meisten Arten tolerieren zwar auch etwas wärmere Nächte, um jedoch ein optimales Pflanzen- wachstum zu erzielen, ist ein deutlicher Unterschied zwischen den Tages- und Nachttemperaturen erforderlich. Einige wenige Hochlandarten benötigen aber auch Nachttemperaturen deutlich unterhalb von 10 °C (z.B.
N. villosa und N. lamii).
Tieflandarten kennen diese Temperaturdifferenzen nicht. Sie gedeihen am besten bei gleichbleibenden Temperaturen zwischen 25 °C - 35 °C. Die Temperaturen können auch etwas niedriger sein, sollten jedoch nicht über einen längeren Zeitraum unterhalb von 20 °C liegen. Aufgrund der feucht-warmen Bedingungen wachsen Tiefland-Nepenthes viel schneller, als die meisten Hochlandarten.
Alle Arten, die am Naturstandort im Grenzbereich zwischen Hoch- und Tiefland
(~ 1000 m) zu finden sind, zählen zu den intermediäre Arten, die sich meist unter einer der beiden oben beschriebenen Bedingungen gleichermaßen gut kultivieren lassen.

Für alle Nepenthes ist ein heller Standort notwendig. Direktes Sonnenlicht sollte jedoch möglichst vermieden werden, da die Blätter bei zu starker Sonnenein- strahlung sehr leicht verbrennen können. Das ausreichende Maß an Licht ist abhängig vom natürlichen Lebensraum, in dem die Pflanzen vorkommen. Viele Arten stammen aus tropischen Wäldern, in denen sie nur von indirektem Licht erreicht werden. Manche wachsen jedoch auch an offenen ungeschützten Stellen. Wichtig für alle Pflanzen ist die Beleuchtungsdauer. Da die Tage in unseren Breiten vor allem im Winter sehr kurz sind, ist eine Verlängerung der Tageslichtdauer mit Kunstlicht auf bis zu 16 Std. empfehlenswert. (Welche Leuchtmittel hierfür geeignet sind, ist in der Rubrik Kultur näher erläutert).
Nepenthes benötigen ein angemessen hohes Maß an Luftfeuchtigkeit. Diese sollte mindestens 70% betragen, da sonst die Bildung der Kannen ausbleibt bzw. bereits vorhandene Kannen eintrocknen. Einige Arten, wie z.B. N. madagascariensis und N. pervillei vertragen auch zeitweise trockenere Luft, jedoch sollte dies auf Dauer vermieden werden.
Als Substrat eignet sich ein luftdurchlässiges Gemisch, dass sich aus einer ganzen Reihe von Bestandteilen zusammensetzen kann. Wichtig dabei ist, dass über- schüssiges Wasser gut ablaufen kann, eine ausreichende Wassermenge jedoch vom Substrat gespeichert werden kann. Die meisten Nepenthes gedeihen in sauren Böden, daher eignet sich Sphagnum oder Torfmoos mit diversen Bestand- teilen zur Auflockerung wie Pinienrinde, Kokosfaser oder Perlit sehr gut. Das Substrat sollte immer ausreichend feucht sein, ein Wasseranstau jedoch möglichst vermieden werden.
Auf die Zugabe von Langzeitdünger (z.B. Osmocote) oder Blattdünger (Orchideen- dünger) reagieren die meisten Arten sehr gut. Werden die Pflanzen jedoch regelmäßig mit Insekten gefüttert, ist eine zusätzliche Düngung nicht erforderlich.
Die Vermehrung von Nepenthes aus Samen gestaltet als sehr langwierig, sofern nicht auf in-vitro Kultur zurückgegriffen wird. Etwas einfacher, aber nicht ganz so zahlreich ist die Stecklingsvermehrung. Abgeschnittene Triebstücke, die etwa 2-3 Blätter enthalten, lassen sich mit etwas Bewurzelungshormon sehr gut anziehen, wobei auf eine saubere Schnittstelle zu achten ist. Als Anzuchtsubstrat eignet sich Sphagnum sehr gut. Bei hoher Luftfeuchtigkeit treibt das Teilstück nach einigen Wochen von der Blattachsel her aus. Einige Arten entwickeln auch von selbst Seitentriebe, die abgetrennt und nach gleicher Methode bewurzelt werden können.
 
 
Weiterführende Links:
-
Hervorragende Aufnahmen von Nepenthes am Naturstandort sind auf der Website von Dr. Andreas Wistuba zu finden: http://wistuba.com/
- Auf der Seite von Robert Severitt findet man sehr gute Informationen zu einigen Arten aus Borneo:
http://www.indoorhouse.de/
- Gute Kulturtipps erhält man auf der Seite von Joachim Danz:
http://home.arcor.de/j.danz/index.html
- Auf der Website von Joel Stern findet man zahlreiche Fotos von unterschiedlichen Klonen verschiedener Anbieter sowie viele nützliche Informationen zur jeder Art.
http://www.nepenthesaroundthehouse.com/
Literatur:
 
Barthlott, W., Porembski, S., Seine, R., Theisen, I. (2004): Karnivoren - Biologie
   und Kultur Fleischfressender Pflanzen. Verlag Eugen Ulmer.
Braem, Dr. Guido (2002): Fleischfressende Pflanzen - Gattungen und Arten im  
   Porträt. Augustus Verlag München.
Clarke, Charles (1997): Nepenthes of Borneo. Natural History Publications Borneo,
   Kota Kinabalu, Sabah, Malaysia.
Clarke, Charles (2001): Nepenthes of Sumatra and Peninsular Malaysia. Natural
   History Publications Borneo, Kota Kinabalu, Sabah, Malaysia.  
Clarke, Charles (2001): A Guide to the Pitcher Plants of Sabah. Natural History
   Publications Borneo, Kota Kinabalu, Sabah, Malaysia.  
Clarke, Charles, Lee, Ch'ien (2004): Pitcher Plants of Sarawak - A Pocket Guide.
   Natural History Publications Borneo, Kota Kinabalu, Sabah, Malaysia.  

D'Amato, P. (1998): The Savage Garden - Cultivating Carnivorous Plants.
Labat, J. J. (2003): Fleisch fressende Pflanzen - Auswählen und Pflegen. Verlag
   Eugen Ulmer, Stuttgart.
Slack, A. (1979): Carnivorous Plants. Reed, London.
Steiger, Hugo (2002): Borneo - Its Mountains and Lowlands with their Pitcher Plants.
   Toihaan Publishing Company, Kota Kinabalu.
© Markus Welge | Letzte Aktualisierung: 17.09.2007
Tjampo Area, Sumatra 1000 m
Verbreitungsgebiet von
N. tenuis
Foto: Christian Klein (2006)
Nepenthes macfarlanei am Natur- standort in den Genting Highlands, Peninsular Malaysia.
Foto: Christian Klein (2006)
Nepenthes argentii - eine der
kleinsten Arten der Gattung
N. rajah bildet beindruckende Kannen mit bis zu 4 Litern Fassungsvermögen.
Weibliche Blüte einer Nepenthes
N. glabrata - eine kleinbleibende
Art die sehr gut für die Kultur in
der Vitrine geeignet ist.
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